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Fingerkolbigkeit

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Eine Maispflanze hat normalerweise einen einzigen, gut ausgebildeten Kolben.

 An dem Knoten darunter ist häufig ein zweiter, kleiner Kolbenansatz mit Narbenfäden zu finden, der aber nur bei bester Versorgung Körner trägt.

Abb.1: Maispflanze mit Kolben
Abb.1: Maispflanze mit Kolben

In manchen Jahren finden sich statt des einen Kolben, mehrere, meist kleinere neben dem ersten Kolben. Diese agronomische Besonderheit wird Fingerkolbigkeit genannt. In den häufigsten Fällen ist diese Kuriosität nur auffällig und nicht ertragsmindernd. Ein Problem gibt es nur, wenn es keinen gut entwickelten Hauptkolben und stattdessen viele, kleine „Finger“ (Kolben), welche schlecht entwickelt sind, gibt. Je mehr Pflanzen keinen richtigen Kolben haben, desto stärker beeinflussen sie den Ertrag negativ.

 

Abb.2: Fingerkolbigkeit - mehrere Kolben sitzen auf einem Kolbenstiel
Abb.2: Fingerkolbigkeit - mehrere Kolben sitzen auf einem Kolbenstiel
Abb.3: Fingerkolbigkeit - mehrere Kolben sitzen auf einem Kolbenstiel
Abb.3: Fingerkolbigkeit - mehrere Kolben sitzen auf einem Kolbenstiel

Die Bildung des Kolbens:


Die Kolbenbildung beginnt im 5.-6. Blattstadium. An allen Knoten mit Blättern bis zum circa 14. Blattknoten wird eine Kolbenanlage angelegt. Der oberste Kolben sendet hormonelle Signale aus, auch genannt apikale Dominanz, welche die weitere Ausbildung der anderen Kolben unterdrückt. Bei sehr guter Versorgung der Pflanze kann sich ein kleinerer, zweiter Kolben am Knoten darunter entwickeln. Häufig wird dieser nicht mehr bestäubt, weil die Narbenfäden zu spät austreten. So konkurriert er nicht mit dem Hauptkolben.

Sobald die apikale Dominanz des obersten Kolbens gestört ist, werden die „schlafenden“ Kolben ausgebildet. Nicht nur an den Blattknoten des Stängels befinden sich Kolbenanlagen. Auch der Kolbenstiel besteht aus mehreren Knoten, welche wiederum Blätter und Kolbenanlagen haben. Ihre Blätter legen sich als Lieschblätter in mehreren Lagen um den Kolben herum. Die Fingerkolben wachsen aus diesen Knoten heraus. Sie können außerhalb oder innerhalb der Lieschblätter wachsen.

 

Abb.4 und 5: Maispflanze mit Kolben und 2 Fingerkolben unten aus dem Kolbenstiel wachsend. Beide Fingerkolben wurden nicht bestäubt.
Abb.4 und 5: Maispflanze mit Kolben und 2 Fingerkolben unten aus dem Kolbenstiel wachsend. Beide Fingerkolben wurden nicht bestäubt.

Die Ursache:

Die Störung der apikalen Dominanz des Hauptkolbens und damit die Bildung von Fingerkolben wird wahrscheinlich von Temperaturstress während der Phase der Kolbenbildung verursacht. Gerade sehr kalte Nächte ab dem 5.-6. Blattstadium fördern dieses Phänomen.

2 Kolben an einer Pflanze:

Am häufigsten finden sich Zweitkolben (2.Kolben am Knoten unter dem Hauptkolben) neben Lücken im Bestand, an Reihenenden oder in höher ertragreichen Zonen bei niedriger Bestandesdichte. Sie entstehen aufgrund sehr guter Versorgung der Pflanze mit Licht, Wasser und Nährstoffen und seltener wegen einer Störung der apikalen Dominanz des Hauptkolbens. Zweitkolben können genauso aussehen wie der Hauptkolben, gedrungener sein oder wenige bis keine Körner haben. Es gibt Sorten (z.B. Benicia oder P8201), welche unter guten Bedingungen immer einen zweiten Kolben ausbilden, der effektiv zum Silomaisertrag beiträgt.