Fachartikel •  07.08.2023

Hagelschäden zur Jugendentwicklung

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In den letzten Jahren haben die Hagelschauer merklich zugenommen. Treffen unterkühlte, wasserreiche Wolken plötzlich auf warme Luft, kondensiert Wasser an kleinen Staubteilchen in den niedrigeren Schichten. Werden diese Wassertröpfchen mit Aufwinden in die höheren Schichten transportiert, verbinden sie sich dort mit Eiskristallen, gefrieren und fallen wieder ab. Dabei nehmen sie weitere Wassertröpfchen auf. Mit den Aufwinden steigen sie erneut auf und die zusätzlichen Wassertröpfchen gefrieren ebenfalls. Dieses „Fahrstuhlfahren“ geschieht so lange, wie die Aufwinde die Hagelkörner anheben können. Dann fallen die Körner herunter. Ihre Größe und Fallgeschwindigkeit kann sehr unterschiedlich sein. Sie bestimmen den Schaden, den sie auf der Erdoberfläche anrichten können. Bei den Maispflanzen hängt der Schaden im großen Maße auch vom Wachstumsstadium ab.

Die Symptome:

Hagelschaden ist an geschlitzten bis stark zerfetzten Blättern erkennbar (Durchschlag genannt). Auf Blatt oder Stängel können bei leichtem Schaden helle Punkte mit totem Gewebe erkennbar sein (Anschlag genannt; Abb.2). Verletzte Blätter können die nachfolgenden am Entfalten behindern. So kann es zur Peitschenbildung kommen. Die übrigen, zerfetzten Blattreste oder Anschläge zeigen dann den Hagelschaden an.

Abb.1: zerfetzte Pflanzen nach Hagel
Abb.1: zerfetzte Pflanzen nach Hagel
Abb.2: abgestorbenes Gewebe nach Hagelschlag
Abb.2: abgestorbenes Gewebe nach Hagelschlag

Der Schaden:

Bis zum 4-Blattstadium liegt der Vegetationkegel geschützt unter der Erdoberfläche. Von dort wachsen nach einem starken Schaden, neue, unverletzte Blätter. Der Schaden wird zügig überwachsen und es kommt zu keinen Ertragsverlusten. Ungefähr mit dem 5.Blatt tritt auch der Vegetationskegel aus der Bodenoberfläche hinaus. Wird er durch starken Hagel verletzt, stirbt er ab und die Pflanze erholt sich nicht mehr. Dieser Fall tritt sehr selten ein. Es ist daher wichtig, das Wachstumsstadium der Maispflanzen zum Hagelschlag genau zu bestimmen. Meistens wird der Hagelschaden überschätzt. Geschlitzte Blätter bleiben in der Regel grün und assimilieren weiter. Am wichtigsten für die Ertragsbildung sind die Blätter ab Kolben aufwärts. Verluste von den unteren Blättern wirken sich demnach weniger auf den Ertrag aus. Im 3 bis 7-Blattstadium wird das unterste Blatt beim Schätzen der Hagelversicherer nicht berücksichtigt, im 8 bis 11-Blattstadium die untersten beiden Blätter. Die schlimmsten Auswirkungen von Hagel sind völlig abgeschlagene Blätter, ein zerstörter Vegetationskegel oder Knickungen und Brüche des Stängels unterhalb des Vegetationskegels. Dann ist der Bestand vernichtet (Abb.1).

Bei einem mittleren Schaden sollte zunächst sofort das Wachstumsstadium bestimmt werden. Nach ein paar Tagen kann anhand von nachwachsendem, grünen Gewebe festgestellt werden, ob die Pflanzen überleben. Bei gutem Wetter bilden gesunde Pflanzen alle 2-3 Tage ein neues Blatt aus. Bei der Bonitur eines Hagelschadens sollte immer das gesamte Feld begutachtet werden.

Abb.3: grünes Gewebe entspringt dem Vegetationskegel. Diese Pflanze erholt sich.
Abb.3: grünes Gewebe entspringt dem Vegetationskegel. Diese Pflanze erholt sich.
Abb.4: weiches, wässriges oder schon braunes Gewebe zeigt zerstörte Zellen an. Diese Pflanze stirbt ab.
Abb.4: weiches, wässriges oder schon braunes Gewebe zeigt zerstörte Zellen an. Diese Pflanze stirbt ab.

Tabelle 1: Geschätzter Kornertragsverlust aufgrund von Blattflächenverlust zu verschiedenen Wachstumsstadien

Bei einem schweren Schaden muss die Anzahl der lebenden Pflanzen und ihre Uniformität (gleicher Entwicklungsstand) festgestellt werden. Anhand dieser Zahlen wird der Ertrag geschätzt. Bis zum 7-Blattstadium kann der Mais Fehlstellen im Bestand in gewissen Maßen ausgleichen. Schwache, stark geschädigte und trotzdem weiter wachsende Pflanzen bringen kaum Ertrag. Sie wirken sich jedoch negativer auf den Gesamtertrag als früh entstandene Lücken aus. Manche Sorten bringen auch mit etwas niedrigeren Bestandesdichten noch gute Erträge.

Das Ertragspotential der Neuansaat hängt vor allem von dem Aussaatdatum, der gewählten Sorte und dem Standort ab. Ein Problem ist auch die höhere Anfälligkeit für Sommertrockenheit oder das vermehrte Auftreten von Krankheiten oder Schädlingen von später gelegtem Mais. Eventuell sind bei späten Saaten die Trocknungskosten von Körnermais höher oder es tritt ein früher Frost ein, welcher den Mais vor der physiologischen Reife schädigt. Die Tabelle 2 gibt eine grobe Richtlinie.

Die Bestandesdichte ermitteln: Bei 75cm Reihenweite zwischen 2 Reihen 13,33m abstecken und links und rechts die Pflanzen zählen. Der Mittelwert geteilt durch 10 ergibt die Pflanzenzahl pro Quadratmeter. Das ganze mehrfach wiederholen.

Ein Umbruch oder eine Neuansaat lohnt sich nur, wenn der zu erwartende Mehrertrag mehr als die Kosten des Umbruchs und der Neuansaat deckt.

Tabelle 2: Geschätzter Kornertrag in Prozent in Abhängigkeit von Bestandesdichte und Aussaatdatum.

Bei späterer Aussaat sollte eine Sorte ausgewählt werden, welche eine frühere Reife hat. Diese besitzt zwar in der Regel ein geringeres Ertragspotential, wird jedoch im Herbst sicherer reif. Eine sehr gute Toleranz gegen Blattkrankheiten und Stängelfäule sollte die Sorte ebenfalls mitbringen. Ist eine späte Aussaat ab Ende Mai bis Mitte Juni nicht zu vermeiden, sind speziell für die Spätsaat geeignete Sorten zu empfehlen.

Abb.5: : Pioneer-Versuche im Corn Belt in den USA: Je später die Aussaat desto früher sollte die Reife der angebauten Sorte sein.
Abb.5: : Pioneer-Versuche im Corn Belt in den USA: Je später die Aussaat desto früher sollte die Reife der angebauten Sorte sein.

Literatur:
www.vereinigte-hagel.net
* Interpolierte Ertragsdaten von Bestandsdichteversuchen der Univeristät von Illinois (E. Nafziger, E. Adee und L.Paul) und von Saatzeitenversuchen der Universität von Minnesota (Hicks et al.).