Die Unterscheidung der Ursachen ist nicht immer einfach
- Fehlt der Kolben, ist die Ursache für die Rotfärbung sofort ersichtlich.
- Sind alle Pflanzen im Bestand gleichmäßig rot, ist die Färbung genetisch bedingt.
- Es handelt sich höchstwahrscheinlich um das Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV), wenn:
1. keine Verletzungen durch z.B. Maiszünslerbohrlöcher oder abgeknickte Blätter zu erkennen sind,
2. die Rotfärbung an einigen äußeren Blättern eines Bestandes und nur an einigen oberen Blättern (nicht an allen Pflanzen) zu sehen ist, ohne dass sich bereits Abreifeerscheinungen oder sortentypische Rotfärbungen der unteren Blätter, Kolben und Stängel zeigen. Virusübertragende Blattläuse fliegen eher Randpflanzen oder vereinzelte, hohe Pflanzen an. Die Blätter verfärben sich dann von den Rändern her rötlich. Danach verfärbt sich die Spitze und die Färbung wandert das Blatt herunter.
Die Ausprägung der Rotfärbung aufgrund der Virusinfektion ist genetisch bedingt. Es kann zu einem Virusbefall ohne Rotfärbung der Pflanze kommen (zu 50 %). Die Symptomausprägung soll stark vom Maisgenotyp, dem Saattermin, den Umweltbedingungen und dem Virusisolat abhängen. Erwähnt wird auch, dass eine dunkle Blattfarbe die Rotfärbung intensivieren soll. In einer Studie fanden Forscher bei einem Viertel der Pflanzen mit Rotfärbung kein Gerstengelbverzwergungsvirus (Grüntzig et al., 1997). Die Befallsraten von Feldern in Deutschland können jedes Jahr stark schwanken. Von 1990 bis 1996 schwankte der Befall zwischen 1,7 und 37,8 % der geprüften Pflanzen auf bis zu 50 geprüften Feldern in Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Das Virus wird von vielen Blattläusarten übertragen und bleibt in ihnen intakt. So kann die Blattlaus lebenslang Gräser, also Getreide und Mais infizieren.
In vielen Studien zum BYDV wurden keine oder nur geringe Ertragsdepressionen gefunden. Von Zuckermais wurde berichtet, dass die Kolbenspitze bei einem sehr frühen Befall ungefüllt blieb. Es ist anzunehmen, dass der Einfluss der Viruserkrankung beim Mais auf die Fruchtfolge und benachbarte Felder (Epidemiologie) weitaus größer ist als ein Ertragsschaden im Mais. Ausgehend von infizierten Maisfeldern kann im Herbst über Blattläuse die auflaufende Wintergerste infiziert werden. In milden Wintern können mehr Blattläuse überleben.
Assimilatstau
Wenn durch eine Verletzung, wie dem Bohrloch des Maiszünslers oder bei einem Abknicken von Stängel oder Blatt, der durch die Photosynthese gebildete Zucker nicht in den Kolben verlagert werden kann, kann sich das Pflanzengewebe oberhalb dieses „Hindernisses“ rot färben.
Wenn das Verhältnis Kolben zu Restpflanze (Sink: Source) gestört ist, d.h. wenn:
- keine Bestäubung stattgefunden hat (Trockenstress & Hitze)
- kleinere Kolben als üblich gebildet wurden (Trockenstress, N-Mangel, Verdichtungen)
gibt es weniger Nachfrage nach Zucker und es kommt zur Anreicherung im Pflanzengewebe. Dort triggert er je nach genetischer Veranlagung der Sorte die Bildung von Anthocyanen. Diese meist rötlichen Farbstoffe binden den Zucker und lagern sich in den Zellvakuolen ab. Ist in diesen genug Farbstoff vorhanden, färben sie Blätter, Stängel und Lieschblätter rötlich. Je nach Sorteneigenschaft wird die Anthocyanfärbung unterschiedlich stark gefördert. Manche Sorten haben natürlicherweise rote Rispen, Narbenfäden, Stängel oder Lieschblätter.
Ist die Restpflanze zur physiologischen Reife der Körner noch gesund (= es gibt kein Sink mehr) und bei immer noch warmem und feuchtem Wetter gut versorgt, produziert die Pflanze weiterhin Zucker, lagert ihn ein und wird je nach Anzahl der Gene für die Anthocyanproduktion immer rötlicher.
Kalte Nächte gefolgt von sonnigem Wetter sollen ebenfalls die Rotfärbung der Maispflanzen fördern, ähnlich wie die Rotfärbung bei kaltem Wetter in der frühen Jugend.